Ich recherchiere gerade über Google und den Werbemarkt und habe in diesem Zusammenhang Jens Minor vom GoogleWatchBlog über seine Meinung zu Google und Werbung befragt. Vielen Dank an Jens für die Beantwortung meiner Fragen!
Google ist bereits Marktführer bei Online-Werbung. Wie werden sich die aktuellen Akquisitionen auf Googles Werbezukunft auswirken?
Die Übernahme vom Werbevermarkter DoubleClick, welche ja noch lange nicht in trockenen Tüchern ist, wird den Marktanteil natürlich noch einmal stark ansteigen lassen – zumindest wenn die Bestandskunden bei Google bleiben, wovon ich aber mal stark ausgehe. DoubleClick geht in eine komplett andere Richtung als AdSense und AdWords – stellt im Grunde einen Zwischenschritt zwischen diesen beiden Diensten dar. Bisher bietet Google einerseits die Möglichkeit, Anzeigen im Einheitsformat auf relevanten Webseiten anzuzeigen und andererseits die Möglichkeit in wenigen Sekunden relevante und gut bezahlte Werbebanner auf der eigenen Webseite zu positionieren.
Mit DoubleClick wird Google seine Kunden der beiden Angebote zusammenbringen, Webseiten mit kompletten Werbekampagnen ausstatten und die Betreuung von kompletten Werbekampagnen übernehmen. Interessant ist bei diesem Punkt natürlich wieder wie Google das automatisieren will – dass sie es tun werden, dürfte wohl keine Frage sein, immerhin hat Google den Ruf einfach alles zu automatisieren und Probleme per Algorithmus zu lösen. Ich denke, wenn das ganze gut und ansprechend gelöst ist, werden auch größere Firmen Googles Werbenetzwerk für sich entdecken und Google wird zur kompletten Werbeagentur.
In welchem Offline-Werbesegment sieht Google deiner Meinung nach die größten Chancen?
Eine gute Frage. Ich denke dass die TV-Werbung bei Google die höchste Priorität haben wird. In einem TV-Spot kann jedes beliebige Produkt und jede Dienstleistung einfach in wenigen Sekunden sowohl visuell als auch akustisch beworben und ins rechte Licht gerückt werden – er hat damit eine sehr viel höhere Wirkung und Wiedererkennbarkeit als jedes andere Medium. Die Frage ist natürlich, welchen Vorteil Google seinen Kunden gegenüber den bestehenden Werbevermarktern bieten kann.
Meiner Meinung nach hat Google auf dem Print-Markt die besten Chancen. Texte können von Algorithmen relativ leicht analysiert und ausgewertet werden, und das hat Google bestens drauf. Bis heute gibt es kein Print-Magazin, das gezielt passende Werbung neben den Artikeln platziert – bisher zählen einfach nur die Anzahl der Anzeigen und dass sie irgendwo im Heft erscheinen, an welcher Stelle wird völlig außer acht gelassen. Genau in diesem Punkt steigt Google ein: Die Anzeigen werden zielsicher und kontextabhängig platziert, die Wirksamkeit der Anzeige steigt und die Zeitung kann höhere Preise verlangen. Ich denke auf dem Print-Markt werden wir noch viel von Google hören – demnächst sicherlich auch in Europa.
Wie können online-Innovationen (pay per view, pay per action, Auktionen) offline erfolgreich sein?
Zumindest auf dem klassischen Wege überhaupt nicht. Bei Zeitungsanzeigen könnte man spezielle Web-Adressen ähnlich wie Chiffre-Nummern an die Anzeige anhängen und so die Wirksamkeit zählen – das funktioniert aber natürlich nur bei Anzeigen die den Besucher auf eine Internetseite locken sollen – ansonsten ist das ganze im Printmarkt meines Erachtens nach unmöglich.
Im TV- und Radiomarkt könnte man den Erfolg annäherungsweise via Quotenmessung und beim Digital-TV den Rückkanal messen. Wenn die Zuseher bei TV-Spots ständig umschalten, den einen aber komplett durchlaufen lassen, dann muss er wohl interessant und damit erfolgreich gewesen sein. Das ist natürlich keine Garantie, wäre ja auch möglich dass sich zur Sendezeit einfach niemand vor dem Fernseher befunden hat…
Eine zuverlässige Messung des Erfolgs ist mit den heutigen technischen Mitteln meiner Meinung nach nicht möglich.
Wenn diese Messung dann aber einmal möglich sein sollte, das ganze am besten personalisiert, würde das völlig neue Werbemöglichkeiten ergeben. Angenommen Google weiß, aus welchem Grund auch immer, dass sich Max Mustermann gerade ein neues Auto gekauft hat, dann wäre es doch unsinnig ihm einen Spot zu zeigen in dem ein Auto beworben wird. Die Auto-Werbespots könnten also ausgeblendet werden und dafür Werbung für Zubehörteile und Werkstätten erhöht werden.
Weißt du von Resultaten der bisherigen Tests Googles mit offline Werbung? (siehe z.B. ganz unten http://tinyurl.com/swqo2)
Google und seine Partner halten sich darüber sehr bedeckt. Bisher gab es nur einmal eine Aussage eines Verlags, dass die Einnahmen durch Google nicht gestiegen sondern sogar gefallen sind. In wie weit das nun stimmt, kann ich nicht beurteilen, da sich sonst noch niemand darüber geäußert hat. Google selbst scheint aber fest an den Erfolg zu glauben, sonst würden sie nicht in soviele Märkte gleichzeitig – sogar von Plakatwänden ist die Rede – einsteigen. Wenn das ganze klappt, kommt niemand mehr um dieses riesige Werbenetzwerk herum, wenn nicht dann haben sie Milliarden in den Sand gesetzt…
Was muss Google in Bezug auf Werbung noch lernen?
Ich denke Google beschäftigt genügend erfahrene Mitarbeiter und weiß ausreichend viel über den Werbemarkt – Fehler machen sie also nicht. Das einzige was Google allgemein lernen muss wäre aber, dass man nicht alles und jedes automatisieren kann. Der Werbespot für den neuen BMW muss also nicht unbedingt nur nach einem positivem Testbericht, einem negativen Testbericht eines Konkurrenten oder ähnlichem erscheinen. Der Spot kann auch völlig aus dem Kontext während einer Kochshow ausgestrahlt werden.
Ansonsten würde ich sagen, dass Google alles richtig macht, vor allem was die Zugänglichkeit der Werbung angeht. Dass bald jedermann einen Werbespot im TV oder Radio schalten kann, halte ich für fantastisch – auch wenn die Qualität darunter anfangs leiden dürfte. Wie einfach man so etwas machen kann, hat Google mit AdWords und AdSense vorgemacht – an so etwas war davor gar nicht zu denken. Genau wie heute auf dem TV-Markt.
Google ist ein Meister der Analyse. Welche Gefahren der Messbarkeit des Erfolgs von Werbeträgern gibt es für die Werbekunden?
Die Gefahr ist, dass einige Firmen ihren Werbe-Etat zusammenstreichen könnten. Die Marketingabteilungen werden merken dass sich die Produkte auch ohne Massenberieselung verkaufen. Ein neuer Waschmittel-Spot ist vielleicht 3-4mal effektiv und könnte dem Kunden zum Spontan-Verkauf animieren – aber spätestens beim 10. Mal möchte der Kunde den Spot einfach nicht mehr sehen. Wer von dem Waschmittel nicht überzeugt ist, wird es auch nicht sein wenn es noch 1000x beworben wird.
Können Microsoft und Yahoo noch zur ernsthaften Konkurrenz für Google im Werbemarkt werden?
Können – immer. Im Moment haben die beiden zwar keine wirklich guten Karten, aber so etwas kann sich ja heutzutage schlagartig ändern. Durch Zukäufe könnten beide Unternehmen weit zu Google aufschließen. Das Problem ist, dass die beiden Unternehmen eine völlig andere Herangehensweise haben als Google. Obwohl Google eine Aktiengesellschaft ist und natürlich gewinnorientiert arbeiten muss, steht in erster Linie immer erst die Entwicklung des Produkts im Fokus – erst danach geht es ums Geld verdienen. Mit der Werbung verhält es sich genauso.
Google wird kein System entwickeln, mit dem das Unternehmen einen Haufen Geld verdient aber dem Endnutzer keinen Vorteil bringt, sondern die Sache genau andersherum angehen. Nur ein zufriedener Kunde ist ein guter Kunde – und genau das müssen Microsoft und Yahoo! noch lernen.
Zum Abschluss: Motivation für GoogleWatchBlog, dein Alter, Ausbildung, ggf. sonstige Aktivitäten, Hobbies?
Ich bin 22 Jahre alt, Abiturient, und arbeite in einem für mich eigentlich komplett falschen Beruf. Seit über 15 Jahren beschäftige ich mich mit PCs und habe schon mit 12 meine ersten Programme entwickelt und wollte das immer beruflich machen. Trotzdem habe ich mich dagegen entschieden und bin jetzt im Einzelhandel gelandet – zwar wird das nicht dauerhaft sein, aber ich habe mich dafür entschieden die PC-Welt weiterhin nur als Hobby und nicht als Beruf zu sehen.
Viel Zeit für Hobbys habe ich eigentlich gar nicht, neben dem Job habe ich meine Freundin und den GoogleWatchBlog. Da bleibt nicht mehr viel Freizeit übrig.
Die Motivation für meinen Blog ist einfach, dass mich Google unglaublich fasziniert und ich nur auf diesem Wege mich selbst täglich über alles rund um das Unternehmen informieren kann. Ohne den Blog würde ich die News zwar auch verfolgen, aber sicherlich nicht ganz so intensiv wie ich es jetzt tue. Außerdem haben wir mittlerweile über 4.000 treue Leser die natürlich auch täglich mit Google-Stuff versorgt werden wollen – mit diesem Wissen im Hinterkopf macht das Bloggen Spaß und man gibt sich Mühe seine Leser umfassend zu informieren. Der Blog ist ja eh kein richtiger Blog, sondern eher meine persönliche Tageszeitung 😀
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