Crowdfunding für öffentliche Anliegen

Auf den ersten Blick erscheint es widersprüchlich, wenn öffentliche Anliegen mit privatem Geld über Crowdfunding finanziert werden sollen. Denn öffentliche Anliegen sollten – so zumindest die traditionelle Sichtweise – auch mit öffentlichem Geld durch öffentliche Institutionen finanziert werden. Der Rückzug der öffentlichen Hand sei ohnehin schon in vielen Bereichen schmerzhaft zu spüren und private Investoren seien nicht immer erwünscht um einer weiteren Ökonomisierung der Gesellschaft vorzubeugen, so eine häufig gehörte Meinung.

Allerdings dürfte diese Kritik auf Crowdfunding für öffentliche Projekte nicht zutreffen. Viele Geldgeber_innen tragen zum Erfolg eines Projekts bei. Ziel ist nicht die Mehrung des eingesetzten Kapitals sondern „Social Profit“.

So beschreibt die Plattform stadtmacher.org ihr Angebot folgendermaßen:

„Stadtmacher ist eine Plattform für Bürger-Projekte. Auf stadtmacher.org kannst Du Projektideen für Deine Stadt einreichen, die wir gemeinsam weiterentwickeln und auf den Weg Richtung Umsetzung bringen – zum einen durch eine fachliche Beratung, zum anderen durch eine eigens für Stadtentwicklungsprojekte entwickelte Crowdfunding-Plattform, über die erste Schritte oder vielleicht sogar das ganze Projekt finanziert werden.

Stadtmacher greift damit das wachsende Bedürfnis der Menschen auf, Stadt selber zu machen. Viele Menschen haben sehr konkrete Ideen, wie sie ihre Umgebung oder ihre Stadt verändern möchten. Aber oft fehlen ihnen die notwendigen Mittel, um ihre Projektideen umsetzbar zu machen. Stadtentwicklungsprojekte brauchen vor allem vier Ressourcen: politische Zustimmung, juristisches Know-How, planerisches Fachwissen und Geld. Stadtmacher hilft den Bürgern, an diese Mittel zu kommen und macht sie so zu eigenständigen Mikro-Projektentwicklern.“

Eine gute Zusammenfassung der Thematik bietet auch der Übersichtsartikel von Ole Brandmeyer auf dem Blog URBANOPHIL.

Er stellt ein Zitat aus der Publikation „Brickstarter“ in den Vordergrund:

Brickstarter reverses the polarity from ‚NIMBY‘ to ‚YIMBY‘ (Yes In My Backyard), from complain to create, outlining a platform for suggestions, developed and driven by participation of citizens, local businesses, and government.” (Brickstarter, S.4, Dan Hill/Bryan Boyer)

Crowdfunding kann einen Beitrag zu einer positiven Aktivierung von Bürger_innen leisten. Auch wenn Bürger_innen nur eine kleine Summe geben, so ist diese Beteiligung ein wesentlich qualifizierterer Input für die gemeinsame Sache als zum Beispiel das Unterschreiben einer Liste.

Dass Crowdfunding für kommunale Projekte ein aktueller Trend ist, zeigen auch die bereits existierenden oder im Aufbau befindlichen Plattformen.

  • place2help
    „place2help ist das erste Partizipations- und Crowdfunding-Angebot speziell für Städte und Regionen. Es wurde entwickelt, um neue Wege der Projektfinanzierung auf lokaler Ebene zu beschreiten und um lokales Engagement auf breiter Basis zu aktivieren, zu bündeln und sichtbar machen.“
  • Citizenvestor
    „Citizinvestor is a crowdfunding and civic engagement platform for local government projects. We empower citizens to invest in their community and create real change.“
  • ioby
    „ioby is a crowd-resourcing platform for citizen-led neighbor-funded projects. Our name is derived from the opposite of NIMBY. Our mission is to strengthen neighborhoods by supporting the leaders in them who want to make positive change, engaging their neighbors, one block at a time.“

Ein interessanter, aber auch kritisch zu beurteilender Aspekt, ist die durch die Transparenz des Crowdfunding-Prozesses entstehende Scham bei BürgerInnen, die zwar von den Projekten profitieren, aber keinen finanziellen Beitrag leisten.

Sehenswert dazu das Videogespräch zwischen Philip Banse und Jennifer Jacquet auf dctp.tv

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