Zeit- und ortsunabhängige Online-Kommunikation und -Begegnung verändern die Bildungsräume und bringen Unruhe ins System der Kurse, Vorträge und Workshops. Die körperliche Präsenz wird von Vielen als essentiell angesehen. Zahlreiche Veranstalter_innen können sich den Bildungsbetrieb anders kaum vorstellen, denn „das Persönliche“ sei doch “so wichtig” und online seien die Barrieren für viele zu hoch. Zudem sehen sie die Gefahr, dass durch Online-Kursangebote die teuren Infrastrukturen (Bildungshäuser mit Smartboards Beamer, PCs usw.) nicht mehr genutzt werden. Übersehen wird dabei, dass das Ziel von Bildungseinrichtungen nicht vorrangig darin besteht, ihre Häuser zu bespielen, sondern Bildung anzubieten. Auch Präsenzveranstaltungen sind keineswegs immer niederschwellig. Es kann sein, dass der Veranstaltungsort zu weit entfernt, nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar oder die Anreise zu teuer ist. Ebenso wird eine Vorort-Teilnahme womöglich aufgrund von Kinderbetreuungspflichten oder zu pflegenden Angehörigen erschwert. Daneben bestehen unterschiedlichste soziale, kulturelle oder sprachliche Hürden. Seit mittlerweile wohl mehr als zwei Jahrzehnten werden Online-Bildungsformate – oft in Form von Blended Learning – angeboten. Moodle oder Lernvideos begleiten Offline-Kurse. Persönliche Begegnung findet dabei in den Präsenz-Teilen der Kurse statt. Der Einsatz von Internet-Tools dient eher der Dokumentation oder Informationsvermittlung als der Kommunikation und Begegnung. Tatsächlich war es bisher schwierig, persönliches Zusammentreffen online abzubilden, doch die technische Entwicklung ist rasant. Videokonferenzen funktionieren mittlerweile mit Smartphones, Tablets und Notebooks in Full-HD-Qualität. Es entsteht das Gefühl von Präsenz. Ein weiterer Qualitätsgewinn, der über Videomeetings oder Webinare hinausgeht, bietet die Online-Begegnung in Social Virtual Reality (VR). In immersiven 3D-Umgebungen kann mit den Kolleg_innen auf vielfältige Art interagiert werden. Die Lernräume in VR können klassisch gestaltet sein. Es ist aber auch möglich, sich – ggf. als international zusammengesetzte Lerngruppe – in einer Weltraumstation zu treffen und neue Perspektiven einzunehmen. Obwohl davon ausgegangen werden kann, dass „reine“ Online-Angebote in Zukunft an Attraktivität bei Anbieter_innen wie auch Teilnehmer_innen gewinnen werden, schafft nur die Vielfalt an Zugängen Niederschwelligkeit. So kann die Mischung in Form einer Live-Hybrid-Veranstaltung traditionelle Settings mit den neuen Formaten verbinden. Als Hybrid-Veranstaltung wird eine Kombination von Online-Präsenz und Vor-Ort verstanden. Ein solcher Live-Hybrid-Workshop wird am 3. und 4. März 2020 stattfinden. Die Begegnung vor Ort, einerseits am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung, andererseits im Zentrum Bildung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Darmstadt wird mit Hilfe von Video, Audio und weiteren Online-Tools online geöffnet, sodass Lernende von jedem Ort aus aktiv teilhaben können. Mit Telepräsenzrobotern und Virtual Reality wird darüber hinaus „Socialising” zwischen den Teilnehmenden an den unterschiedlichen Orten ermöglicht.
Bildung braucht Unruhe, Lebendigkeit und Experimente.
Dieser Beitrag erschien im Herbst 2019 in bifeb aktuell 03/2019.