Kürzlich wurde ich von der Studentin an der Universität Wien Antje Seebach gefragt, ob ich bereit wäre, für ihre Bachelor-Arbeit einige Fragen zu beantworten. Meine Antworten dazu will ich gerne hier veröffentlichen und gleichzeitig auch andere Interessierte bitten, Antje ihre Einschätzung zu geben.
An dieser Stelle noch ein Hinweis auf den kommenden Innovation Tuesday mit Ken Doctor am Dienstag, 12.6. um 17.30 zum Thema „Paywalls im Journalismus“.
1. Wie sieht Ihrer Meinung nach ein journalistisches Projekt aus, das erfolgreich durch Crowdfunding finanziert werden könnte (Umfang, Budget, Thema etc.)? Für welche Gruppen im Bereich Journalismus (freie Journalisten, Verlage, Redakteure, Onlinejournalisten, Fotojournalisten
etc.) könnte Crowdfunding interessant sein? Und wie viel Geld kann man für welche Projekte, Themen etc. generieren? Alles in allem: Für welche Gruppen und welche Projekte sehen Sie das größte Potential?
Crowdfunding für journalistische Aktivitäten ist in Europa gerade erst am Start. Im deutschsprachigen Raum gibt es noch keine einzige Plattform. Lediglich http://mediafunders.net/ in der Schweiz versucht den Start seit einigen Monaten. Die Idee von Mediafunders gefällt mir gut, da sie Crowdsourcing und Crowdfunding verbinden will. Ein gerade laufendes Crowdfunding-Projekt im Journalismus ist „Berlin folgen“ an dem auch die taz beteiligt ist.
Dieses Projekt verwendet die Plattform startnext, die aktuell Marktführerin in Deutschland ist und mit regionalen Ablegern in Hamburg und bald auch in Dresden sowie einem österreichischen Zweig weiter wächst. Interessant dabei ist die Frage, ob nicht schon Medienunternehmen daran gedacht haben, eigene Crowdfunding-Plattformen zu etablieren so wie das die taz auch mit taz-zahl-ich im Bereich Social Payment tut.
http://blogs.taz.de/hausblog/2012/05/15/taz-zahl-ich-einnahmen-im-april/
Damit nimmt die taz aktuell monatlich rund 3.800 € ein. Als Zahlungsmethoden kommen u.a. Paypal, Direktüberweisung, Kreditkarte und flattr zum Einsatz.
Im Vergleich zur Einnahmensituation für das Crowdfunding-Projekt „Berlin folgen“ sehen die Beträge aus dem Social-Payment-Projekt taz-zahl-ich relativ niedrig aus. Ob man daraus bereits schließen kann, dass Crowdfunding besser funktioniert ist fraglich. Ich würde dies aber doch eher bejahen. Immerhin sind seit dem 14.3.2012 für „Berlin folgen“ 6.054 € finanziert worden.
Die wichtigsten Kriterien erfolgreicher journalistischer Crowdfunding-Projekte dürften großes Interesse der GeldgeberInnen am Thema sowie eine möglichst virale Verbreitung des Projekts sein, um genug Aufmerksamkeit zu generieren.
2. Worin sehen Sie die größten Vorteile und Chancen von Crowdfunding für den Journalismus in Deutschland und Österreich?
Crowdfunding kann die Chance bieten, unabhängige Finanzierung für qualitativ hochwertigen Journalismus bereitzustellen. Die LeserInnen könnten sich verstärkt mit dem Medium identifizieren, was zu einer besseren Bindung führt.
Darüber hinaus wandelt sich auch der Journalismus selbst: Partizipation, Transparenz und Interaktivität werden in Crowdfunding-Prozessen noch wichtiger.
3. Worin sehen Sie die größten Nachteile bzw. Risiken von Crowdfunding im Journalismus in Deutschland und Österreich?
Fraglich ist, ob sich Crowdfunding für investigativen Journalismus eignet. Das Transparenzgebot widerspricht der Vorgehensweise bei investigativen Recherchen. Auch muss die Crowd nicht immer weise sein („Lemming-Effekt“) und die „richtigen“ Geschichten finanzieren.
4. Kann Crowdfunding im Journalismus in Deutschland und Österreich trotz Gratismentalität im Internet und wenig ausgeprägter Spendenkultur (im Vergleich zu den USA) funktionieren? Und wenn ja, worauf wäre besonders zu achten? Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
Ich denke, dass es da sehr auf das Thema ankommt. Betrifft es die Menschen? Wollen sie dazu mehr wissen? Natürlich spielt auch die Aufmerksamkeit, die ein Crowdfunding-Projekt bekommen kann, eine große Rolle um genug UnterstützerInnen zu bekommen.
5. Wie schätzen Sie die Motivation der potentiellen Leser ein bzw.
inwieweit sind potentielle Leser in Deutschland und Österreich bereit, journalistische Projekte finanziell zu unterstützen?
Wie könnten Personen motiviert werden, journalistische Projekte finanziell zu unterst tzen? Was wären denkbare Belohnungen (auf startnext.de Dankeschöns genannt) für Spenden im Bereich Journalismus?
Die Bereitschaft für gesellschaftliche Anliegen freiwillig zu bezahlen, ist in den USA sicher ausgeprägter als in Europa.
Mehr als die üblichen Goodies – wie auch auf spot.us – fallen mir nicht ein. Den GeldgeberInnen Anerkennung in Form einer Erwähnung zu geben, dürfte für kleine Betrüge ausreichend sein.
6. Wie wird sich Ihrer Meinung nach Crowdfunding im Journalismus in den nächsten Jahren in Deutschland und Österreich entwickeln? Wie schätzen Sie abschließend die Bedeutung von Crowdfunding als alternative Finanzierungsform des Journalismus in Deutschland und Österreich ein?
Ich wäre gerne optimistisch. Tatsächlich wird Crowdfunding in wenigen Bereichen eine Option für zusätzliche finanzielle Mittel sein. Die Finanzierungsschwierigkeiten zahlreicher Medienunternehmen werden dadurch allein nicht gelöst werden können.
David Röthler
Eben bin ich auf meinen Beitrag von Anfang 2009 zum Thema gestoßen: http://oe1.orf.at/artikel/214324
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